Aus der Geschichte der Siebenbürger Sachsen
Allgemein Im 12. Jahrhundert folgten Siedler aus dem deutschen Reich dem Ruf des ungarischen Königs nach Siebenbürgen. Durch die Anpassung an die Verhältnisse vor Ort und im stetigen Austausch mit dem Herkunftsraum konnten sie ihre kulturellen Werte bewahren und weiterentwickeln: wirtschaftlichesund technisches Know-how, religiöse Überzeugungen und gelebte Sitten, deutsche Sprache und Kultur sowie ausgeprägteFreiheitsliebe und Toleranz. Ihr Siedlungsgebiet mit Territorialautonomie haben sie als Kulturlandschaft geprägt und ein Gemeinwesen aufgebaut, dessen Einrichtungen das Wohl des Einzelnen wie das der Gemeinschaft förderten. Als staatstragende Nation haben sie die Geschicke Siebenbürgens mitbestimmt und ihren Beitrag zur Entwicklung Ungarns sowie des Habsburgerreiches geleistet. Die Kriege und Wirren des 20. ahrhunderts haben die Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen dezimiert und auseinander gerissen. Die Mehrzahl von ihnen lebt heute in Deutschland.
Zeitliche Darstellung
12. Jahrhundert Der ungarische König GEISA II. (1141-1162) beruft Kolonistenzum Schutz der Krone nach Siebenbürgen. Sie kommen aus erschiedenen Teilen des Deutschen Reiches vorwiegend aus dem Rhein-Mosel-Gebiet und verschmelzen zu einem neuen Stamm, für den sich die Bezeichnung "Saxones" einbürgert. Dazu kommen bis ins 19. Jh. weitere Ansiedler.
13. Jahrhundert König ANDREAS II. bekräftigt im "Goldenen Freibrief" (1224) die von GEISA II. verliehenen Rechte: eigenständige Gerichtsbarkeit, Selbstverwaltung, Territorialautonomie auf dem ihnen überantworteten "Königsboden" (20000 qkm). Dieser bildet im Rahmen des ungarischen Reiches eine von Adelsherrschaft und Leibeigenschaft freie, nur dem König unterstellte Enklave. Es entstehen befestigte Städte und über 250 mit Kirchenburgen bewehrte Dörfer. Der 1211 berufene deutsche Riterorden wird 1225 vertrieben.
14. Jahrhundert Die Städte mit einem hochentwickelten Zunftwesen dehnen ihren Handel bis Vorderasien und Westeuropa aus. Auch die ländlichen Siedlungen blühen auf und es entwickelt sich ein eigenständiges Schulwesen.
15. Jahrhundert Die Bedrohung durch Reitervölker aus dem Osten wird durch die Ausdehnung des osmanischen Reiches bis an die Karpaten zur ständigen Gefährdung. Als Bollwerk der Christenheit (Papst EUGEN IV.) erzielt Siebenbürgen auch Abwehrerfolge. Gegen die äußeren Gefahren wie zur inneren Stabilisierung bildet sich die "Union" der drei Nationen:Ungarischer Adel, Szekler und Sachsen.
16. Jahrhundert Die Türken erobern nach der Schlacht von Mohács (1526) weite Teil e Ungarns. Siebenbürgen behauptet sich als selbständiges Fürstentum, in dem religiöse Toleranz herrscht. Die Siebenbürger Sachsen treten 1547 zum Luthertum über (Reformator: JOHANNES HONTERUS), schließen sich politisch in der Nationsuniversität und kirchlich in der "Ecclesia Dei Nationis Saxonum" zusammen. Das und das kodifizierte "EigenLandrecht" führen zur Hochblüte von Wirtschaft und Kultur.
17. Jahrhundert Schwere Heimsuchungen durch Seuchen und Kriege auch nach der Einbeziehung Siebenbürgens in das Habsburgerreich. Kaiser LEOPOLD I. bekräftigt 1691 die sächsischen Autonomierechte, der ungarische Adel verweigert die Anerkennung. Das sächsische Freitum muss sich fortan mühsam behaupten.
18. Jahrhundert 1711 werden nur noch 100000 der vormalig 200000 Siebenbürger Sachsen gezählt. Mit SAMUEL FREIHERR VON BRUKENTHAL, 1769 zum Gouverneur von Siebenbürgen bestellt, keimt neue Hoffnung. Der Sohn eines sächsischen Dorfrichters sorgt für den Ausbau des Kultur- und Bildungswesens. Aber auch er kann nicht verhindern, dass Kaiser JOSEPH II. die verbrieften Rechte der Sachsen aufhebt. Das Zeitalter des Nationalismus zieht über Europa herauf.
19. Jahrhundert Der Aufstand der Ungarn gegen Habsburg 1848/1849 richtet sich auch gegen die kaisertreuen Sachsen. Deren Vorkämpfer, STEPHAN LUDWIG ROTH, wird hingerichtet. Mit dem "Ausgleich" 1867 kommt Siebenbürgen im Rahmen der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn wieder an Ungarn. Im Zuge der Magyarisierungspolitik werden Königsboden und Nationsuniversität 1876 aufgelöst; die Sachsen sinken zur nationalen Minderheit herab. Die Evangelische Landeskirche A.B. übernimmt die sächsischen Bildungs- und Kultureinrichtungen und entzieht sie dem Zugriff des ungarischen Staates.
20. Jahrhundert Siebenbürgen fällt nach dem Ersten Weltkrieg an Rumänien.
Diskriminierung, Zentralisierungs- und Rumänisierungsbestrebungen Bukarests sowie interne Richtungskämpfe treiben die deutsche Minderheit in die Arme Berlins. Dessen Beistand bringt Schutzgarantien und die Anerkennung der deutschen Volksgruppe als Rechtspersönlichkeit. Dessen Wiener Schiedsspruch spricht allerdings 1940 Nordsiebenbürgen Ungarn zu. Mit dem Frontwechsel Rumäniens im August 1944 haben die Siebenbürger Sachsen kollektiv die Kriegsfolgen zu tragen - bloß weil sie Deutsche sind. Durch Krieg, Evakuierung und Flucht dezimiert, erdulden sie vielfältige Verfolgung: Deportation in die Sowjetunion, Verhängung von Zwangsaufenthalt, Entzug der Bürgerrechte, Totalenteignung, Beseitigung derFührungsschicht durch Schauprozesse, Einkerkerung und Ermordung. Auch danach sind sie Opfer von Diskriminierung, Willkür und vielfältiger Schikane. Die Evangelische Landeskriche A.B. verbleibt die Instanz, die den Siebenbürger Sachsen geistigen Freiraum bietet.
Der Sturz CEAUSESCUs und seines Regimes am 22. Dezember 1989 leitet eine politische Wende ein. Für die Siebenbürger Sachsen kommt die Entwicklung Rumäniens hin zu einem demokratischen Rechtsstaat und zu wirtschaftlicher Gesundung zu spät: Im Bestreben der Verfolgung und dem staatlichen Druck zu entgehen, wächst sich die kurz nach Kriegsende einsetzende Familienzusammenführung zur Aussiedlung und 1990 zum Massenexodus aus.
Heute leben rund 200.000 Siebenbürger Sachsen in Deutschland, 25.000 in Österreich, 30.000 in den USA und 8000 in Kanada.
Nur noch 15.000 Siebenbürger Sachsen leben in Siebenbürgen. Ihre politischen Interessen werden vom "Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien" vertreten, das sich auch um die Wahrung der kulturellen Identität bemüht. Den völkerrechtlichen Rahmen dafür bieten der im April 1992 zwischen Rumänien und der Bundesrepublik Deutschland geschlossene Freundschaftsvertrag sowie das Kulturabkommen von 1995 mit ihren Bestimmungen zum Schutz der Minderheit und ihrer Kultur. Trotz ihrer geringen Zahl, ihrer Diasporasituation und ihrer Altersstruktur nimmt die siebenbürgischsächsische Minderheit eine völkerverbindende und friedenssichernde Brückenfunktion wahr, die auch von der Bundesregierung mit finanziellen Mitteln gefördert wird.
DIE SIEBENBÜRGER SACHSEN IN DEUTSCHLAND Als Treibgut der Geschichte werden bei Kriegsende und in der Nachkriegszeit viele Siebenbürger Sachsen nach Deutschland gespült: ehemalige Soldaten und Kriegsdienstleistende, Flüchtlinge, die mit Trecks die nordsiebenürgische Heimat 1944 verlassen oder sich auf anderen Wegen nach Deutschland durchschlagen, entlassene Kriegsgefangene und Deportierte.
Ihre Bemühungen zur Sammlung und gegenseitigen Hilfe führen 1945 zur Entstehung des "Hilfskomitees der Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben" und 1949 zur Gründung des "Verbandes der Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben", der sich zur "Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen" wandelt. Sie vertreten nicht nur ihre Interessen, sondern verstehen sich in der Zeit des Kalten Krieges auch als Sachwalter der Landsleute in Rumänien. Diesen wird humanitäre undpolitische Hilfe gewährt, und man setzt sich dafür ein, dass das Recht auf individuelle Freizügigkeit sowie auf Aufnahme in Deutschland gewahrt bleibt.
Die Eingliederung von über 200.000 Siebenbürger Sachsen verläuft erfolgreich. Deutsche Sprache und Kultur, Fähigkeiten und Kenntnisse sowie der Zusammenhalt untereinander ermöglichen es ihnen, ohne größere Schwierigkeiten ihren Platz im bundesdeutschen Wirtschafts- und Sozialgefüge zu finden und lässt ihren Wunsch "als Deutsche unter Deutschen zu leben" Wirklichkeit werden.
Herausgeber diese Artikels: Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V.
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